Überraschung

Ich war fast zu spät. Die Bahn. 40 Minuten nach eigentlicher Ankunft. Um den Mund noch Puderzucker von hastig verzehrtem Waffelzauber als Nahrung für Nerven und Hirn. Hastiges Eilen durch die Fußgängerzone. Im Ruhrgebiet. Unter uns Gänge mit ehemals schwarzem Gold. Oberirdisch einfach eine Überraschung.

Türkisblauer Brunnen. Einer von vielen in der langen Reihe der Shoppingmeile. Ein kleiner Hauch Pariser Flair. Erinnerungen. Ein kurzer Moment des Innehaltens. Ein Lächeln. Dann Alltag und Verschwinden in einem dieser Hochgeschosse an Betonklötzen. Das Bunte noch auf der Netzhaut.

Auferstehung

Ein Wunder. Ein Babybaum erblickt das gleißende Licht der Welt nachdem seine Spezies nahezu als ausgerottet gilt.

Bald werden ganze Busladungen an Menschen an den versteckten Ort seiner Auferstehung wallfahrten. Ein Foto zu machen. Als Symbol der Hoffnung.

Jetzt

Dem Leben entrissene Unmittelbarkeit. Ein Blick zurück mit der Frage und einem Lächeln garniert – wo bleibt der langsame Rest der Beharrer, die erst Beweise brauchen, beste Beispiele?

Der Abstieg in die untere Etage ist alles Andere als angsteinflößend. Was, wenn da unten Spannendes wartet? Und ja, das tut es. Ich war da unten und hörte von Zukunft sprechen. Vom Ursprünglichen.

Oben blieb das Buffet-Völkchen, unten die Avantgarde mit Erzählungen für das Übermorgen und Unmittelbare.

Will sagen: Wir sollten was wagen und unserer Neugierde folgen.

Trotzdem

Eigentlich kein Raum. Eigentlich kein Platz. Eigentlich traurig. Eigentlich atemlos. Des Menschen Malerei kein Trost. Eher Spott. Und trotzdem.

Ich grüße dich voller Verehrung, du grüner Trutz.

Manipulation

Es war einmal eine eigensinnige Mitarbeiterin in einem großen Konzern. Sie verbrachte Stunden in einem investormodernen Glaskäfig, wie ein gefiederter Paradiesvogel vereinzelt eingesperrt hinter einem ergonomisch verstellbaren Schreibtisch und dachte nach. Mit viel Engagement im Herzen. Sie glaubte, sie sei fürs Denken eingestellt.

Ein Irrtum schon vom ersten Augenblick an. Niemand in der Firmenhierarchie duldete denkende angestellte Menschen.

Bis eines Tages eine Chefin Chefin wurde, die sogar einen Eid schwören ließ auf sich. Der da hieß: „Ich hab hier das Sagen und ihr seid alle nur dumm!“ Jedermann hob die Finger zum Schwur.

Ihre Belegschaft an höfischen Männern, Frauen und Diversen blieb im Staube am Boden liegen, den Kopf tief geneigt. Der Chefin Späher liefern ihr Listen, wer Freund war und wer Feind. Mit Geifer studierte sie die kurze Liste der Feinde hoch oben in ihrem eiskristallweißen Eckbüro und sann auf Beute in ihren dürren Schlund.

Tags darauf flatterte eine bunt schillernde Feder im Flurwind und ein gleichsam flatternder Zettel hing am leeren Glaskasten mit der Aufschrift: „Ich bin und werde ewig sein. Ich schwöre.“

Unfertiges All

Vor Lichtjahren sendeten hochentwickelte Spezies aus einem unbekannten Sonnensystem ein Teleskop aus den unendlichen Weiten des All in den Raum. Sie erhofften sich Einblicke in Lebensformen auf möglichen Exoplaneten.

Dies sind die ersten Bilder, die sie aus dem Norden eines Blauen Planeten empfangen konnten. Seither rätseln die Eliten aus Wissenschaft und Forschung, welche Lebensform sich hinter diesen Informationen verbirgt und wie entwickelt diese ist.

Salzkristall

Architektonisch verwinkelt, ergeben mehrere Gradiermauern einen grottigen Innenraum. Verwunschen schön.

Tröpfchen für Tröpfchen trägt die Sinne weit an die Küste. Zarter Salznebel legt sich auf trockene Haut. Ein Konzert in Dur und Moll.

Knorriger Schwarzdorn in Allianz mit Wasser und Salzkristall zieht in seinen Bann. Vergessen das da draußen. Augenblicke des Ein und Aus.

Sommergenuß

Mit beiden Händen in den Mund gestopft, die Zunge umrundet den Kern, in hohem Bogen ausgespuckt auf die Wiese. Eine Gabe, nur kurz.

Hoch oben sitzen sie schon, die Amseln, die Kolkraben, ihnen schmeckt das saftige Rot ebenso.

Im Takt von fettem Technobeat professionell entkernt. Marmelade strömt ihren süßen Duft durchs Fenster. Im Winter erinnern mich die roten Früchte an damals, als wir ernteten.

Kreuz hoch drei

Dieser Tage ist eine Interpretation kaum naheliegender als die aktuelle traurige Trias der Welt: Krieg, Hunger, Klima.

Da blüht der Lavendel und der Duft ist betörend.

Mir fällt keine Lösung ein. Ratlosigkeit hoch drei ist noch schlimmer.